Wanderung zu dem Steinbrüchen am 07.09.2019

Bildersammlung der Wanderung

Am Samstag, dem 07.09.2019 um 10:00 Uhr bot die Quartiersgruppe Urberach Mitgliedern und allen Interessierten, die wissen wollten, wo die Natursteine für die älteren Urberacher Häuser ihren Ursprung hatten, einen Spaziergang zu den alten Steinbrüchen im Wald von Urberach an. Petrus allerding hatte an diesem Vormittag einen Landregen auf dem Tagesplan, und einer Notiz aus der Stadtpost war zu entnehmen, dass bei Regen kein Spaziergang stattfinden würde. Der Wunsch, die alten Steinbrüche endlich einmal mit eigenen Augen zu sehen, war jedoch so stark, dass sich einige Mitglieder dennoch am Treffpunkt einfanden, um ihr Glück zu versuchen. Und zur großen Freude erschienen neben Herbert Lotz (ein Orwischer aus einer alteingesessenen Familie) der sich bereit erklärt hatte, die Gruppe zu führen, weitere zehn Teilnehmer, die ausgerüstet mit festem Schuhwerk und Regenkleidung darauf brannten, das kleine Abenteuer zu wagen.
So ging es los – zuerst auf einem kleinen Pfad hinter dem Hotel in den Wald hinein, der sich jedoch zusehens in der Wildnis verlor. Immer unserem Führer hinterher, der schon als kleiner Junge hier unterwegs war, ging es über Stock und Stein, an den Spuren des vergangenen Sturms vorbei und auch manchmal über umgestürzte Bäume.

Kleiner Pfad hinter dem Hotel in den Wald hinein

Eingang zum Steinbruch

Trockenheit und verdörrte Vegetation ringsum – ein trauriger Anblick. Langsam jedoch veränderte sich das Umfeld und zu beiden Seiten ragten hohe Böschungen auf, die sich oben als Abbruchkanten aus festem Stein zeigten. Eine alte Wildkirsche versperrte den Weg, die von der zerstörenden Kraft des Sturms niedergebeugt, noch mit einzelnen Wurzeln im Boden sich als Überlebenskünstler versucht. Helfende und stützende Hände sorgten dafür, dass auch dieses Hindernis von allen bewältigt wurde. Doch was war das?
Mannshohe Betonröhren

Betonröhren

Plötzlich ragten mannshohe Betonröhren, verteilt auf einem kleinen Platz, vor der Gruppe auf. Rätselraten, wie und zu welchem Zweck sie an diesen Ort gekommen waren. Die Natur hatte bereits mit der Einkleidung des Betons mittels eines dichten Pelzes aus Moos begonnen und die Integration mit dem Umfeld war in vollem Gange. Man hatte das Gefühl, jeden Moment könne ein Waldkobold um die Ecke lugen.
Im Gänsemarsch ging es weiter – mal einen Hügel hinauf, mal einen hinunter und dann lag er vor uns. Ein kleiner Steinbruch zeigte sein „Rotliegendes“, eine Besonderheit des Sandsteins, etwas härter in der Konsistenz und für diese Gegend typisch. An den Wänden die Spuren des Abbaues durch Menschenhand mit Felsvorsprüngen und Abbruchkanten. Hier wurde weicher und relativ leicht formbarer Naturstein gewonnen, der seit Generationen den Bewohnern der Gegend dazu diente, ein langlebiges Zuhause zu schaffen.

Steine

Nachdem alles eingehend in Augenschein genommen war, wurde beraten, ob man noch tiefer in den Wald zu dem großen alten Steinbruch gehen wollte. Das dichte Blätterdach schützte vor dem Regen und so ging es nun auf schönen, befestigten und bequemen Waldwegen entlang bis zu einer Waldkreuzung. Rechts der Abzweig nach Dietzenbach, geradeaus in Richtung der Gemarkung Offenthal. Ein schmaler Pfad bog wieder in den dichten Wald ab und mancher Teilnehmer hätte ihn ohne den ortskundigen Führer gar nicht wahrgenommen. Wildnis rechts und links, die langsam in eine kleine Schlucht mündete.

Rundblick

Und dann plötzlich ragte eine steile Wand, treppenartig behauen in den typischen Sandsteinfarben vor den Augen der Teilnehmer auf – und die Talsohle dehnte sich noch weiter aus. Unten dichtes Grün einer unberührten Wildnis, der Geruch des Ruprecht-Storchschnabels, einer alten Heilpflanze, deren filigrane Fächer mit den rosa Blüten sich zu kleinen Teppichen formten, üppige Farne und dichte Moospolster in unterschiedlichen Grüntönen überall auf den Steinen und umgefallenen Bäumen, auf denen unterschiedliche Pilze mit kleinen Dächern ihre Arbeit des Vergänglichen verrichten, umfingen die Gruppe. Feine, an den Wänden herabwallende Pflanzenvorhänge wehten sacht im Wind – eine verwunschene Szenerie und märchenhafte Atmosphäre. Und es ging noch weiter in den Talkessel hinein. Überall steile, zerklüftete und auch glatte Wände, die Einblicke in die hier arbeitenden Urkräfte vor Jahrmillionen Jahren gewährten. Gewachsene Gesteinsschichten, Blöcke, die wie aufeinandergeschoben in unterschiedlichen Schichten und Farben schimmerten. Farben von Altrose bis zu verwitterten Graunuancen und Salbeigrün, ganz im Hintergrund verblichenes Sandgelb.
Die Spannung war hoch gewesen, aber das, was sich nun den Augen bot, übertraf alle Erwartungen. Die Eingriffe und Wunden, durch Menschenhand verursacht, von der Natur vernarbt, bekleidet und zu einem Respekt und Achtsamkeit einflösenden Denkmal gewandelt, lösten bei den Mitgliedern der Gruppe individuelle Gefühle und Ergriffenheit aus. Wer hätte ein solches Kleinod der Natur so dicht vor der Haustür vermutet?

Wand im Steinbruch

Wand im Steinbruch

Eindrücke wurden ausgetauscht und gegenseitig auf die unterschiedlichen Wahrnehmungen des Umfeldes aufmerksam gemacht. Wieder einmal zeigte sich: Gemeinschaft bereichert. Erinnerungen aus der Kindheit bahnen sich einen Weg mit Erzählungen über Plätze, wo sich Elfen und Waldkobolde in mondhellen Nächten versammeln – ja, der alte Steinbruch tief im Wald beflügelt die Fantasie. Er sollte im Bewußtsein bleiben und nicht in Vergessenheit geraten.
Gruppenfoto

Gruppenfoto


Gruppenfoto


Aber zurück in die Gegenwart. Nachdem die Gruppe die Einmaligkeit dieses imposanten Ortes in sich aufgenommen und die Schönheit mittels Fotos festgehalten wurde, ging es auf den Rückweg. In Grüppchen, sich austauschend, ab und zu innehaltend, entspannt und immer wieder von fröhlichem Lachen unterbrochen, ging es in Richtung „Naturfreundehaus auf der Bulau“, denn man war sich einig, so einfach wollte man nach diesen Eindrücken nicht auseinandergehen. Auf der gemütlichen Rundbank des Stammtisches im Naturfreundehaus, bei leckerem Flammkuchen mit Speck und einem Sauergespritzten aus dem Gerippten sowie angeregtem Austausch und Reflektion über das Erlebte, klang gegen 14:30 Uhr diese interessante und erfahrungsreiche Unternehmung der Quartiersgruppe Urberach und ihren Gästen aus und ein herzlicher Dank ging an Herbert Lotz, dessen Engagement für die Gemeinschaft diesen informativen Einblick in ein Kleinod der Urberacher Natur ermöglicht hat.